GREEN BRANDS 12 Nachdem der Volkswagenkonzern als der nachhaltigste Auto- mobilkonzern der Welt gelistet wurde, ließ der Vorstandsvor- sitzende der Volkswagen Aktiengesellschaft, Prof. Dr. Martin Winterkorn, am 13. September 2013 auf der konzerneigenen Webseite erklären:„Diese Auszeichnung ist ein echter Meilen- stein auf unserem Weg zum führenden Anbieter grüner Mobi- lität.Wir werden mit ganzer Kraft daran arbeiten,denVolkswa- gen Konzern dauerhaft als nachhaltigsten Automobilhersteller der Welt zu etablieren.“ Am 8. Oktober dieses Jahres musste der US-Volkswagenchef Michael Horn vor dem US-Kongress in Washington Rede und Antwort zum Abgas-Skandal stehen. Die Abgeordneten machten deutlich, dass sie ihm nicht glau- ben, dass die Konzernspitze nichts von der Software wusste, welche Abgaswerte simulierte,die es gar nicht gibt. Die Folgen sind gravierend. Keiner weiß, wie viele Menschen bei VW weltweit ihren Job verlieren werden. Zum gleichen Zeitpunkt macht die Deutsche Bank von sich reden: Abschrei- bungen in unerwarteten Größenordnungen machen deut- lich, wie sehr man auch dort sich selbst und den Kunden et- was vorgemacht hat. Beide Vorfälle zeigen wie problematisch Governancestrukturen von Großunternehmen und Aktienge- sellschaften sein können, die nur kurzfristige Ziele verfolgen, und wie verheerend einWettbewerb ist,der über Leichen geht. Mankannsichersein,dassbeideUnternehmenvorherundhin- terher Heerschaften von Anwälten, PR-Beratern und Werbern beschäftigt haben und beschäftigen, um das Image aufzubes- sern. Durchwegs Menschen, die ihnen nach dem Mund reden und mit allergrößter Gelenkigkeit alles schönreden. Machen wir uns nichts vor: Jedes Unternehmen, das auf so gravierende Weise„Greenwashing“ betreibt wieVolkswagen,schadet allen Unternehmen, die auf grüne Themen setzen. Sie untergraben das Vertrauen der Konsumenten in alle Unternehmen. Umso wichtiger ist es auch für GREEN BRANDS, sich deutlich von solchen Machenschaften abzusetzen und die Unterschie- de deutlich zu machen. Deutlich zu machen, dass die Unter- nehmen, die auf GREEN BRANDS setzen, es ernst meinen mit ihrem Commitment für die Umwelt und für eine Wirtschafts- weise,die Verantwortung übernimmt. Vor allem Transparenz ist in diesen Tagen wichtig. Und es ist wichtig, deutlich zu machen, dass personengeführte Unter- nehmen und Familienunternehmen anders ticken als Aktien- und Kapitalgesellschaften. In einem Interview mit dem On- linejournal n21 sagte der Neurobiologe Prof. Dr. Joachim Bauer letztlich folgendes:„Der Kapitalismus kann zwei Gesichter ha- ben. Ich komme aus Süddeutschland. Dort gibt es noch viele mittelständische und Familienunternehmen. Betriebe, die seit Generationen geführt werden. Da wird sich oft sehr gut um die Mitarbeiter gekümmert. Mit dieser Form des Kapitalismus habe ich kein Problem. Solange die Balance zwischen Arbeit und Kapital im Sinne einer wirklichen sozialen Marktwirt- schaft gegeben ist, unterstütze ich das. Womit ich ein wirkli- ches Problem habe, ist die oben beschriebene neue Kultur des Kapitalismus. Der Finanzkapitalismus.“ Diese neue und besonders aggressive Kultur des Kapitalismus, die seit den 90er Jahren die Welt verändert, hat vor allem mit einer institutionalisierten und positiv sanktionieren Verant- wortungslosigkeit der Märkte zu tun,damit,dass„das Kapital“ etwas Anonymes geworden ist und in eine Art „Raserei“ ver- fallen ist. Institutionelle Anleger, hochbezahlte Anlageberater und Algorithmen, die keiner versteht oder beherrschen kann, entscheiden über das Schicksal ganzer Länder und Regionen und am Ende ist es niemand gewesen. Und immer noch gilt: Wer es in die Chefetagen der Finanzindustrie oder der DAX- Unternehmen schafft, muss vorher bewiesen haben, dass er nur den Aktionären und der Vermehrung des Kapitals ver- pflichtet ist, und sonst gar nichts. Passende Ideologien dazu gibt es genug, auch wenn sie alle mit dem moralischen Impe- rativ in der Regel nicht vereinbar sind und auch nicht mehr den Segen der Kirchen haben. Umso bemerkenswerter also, dass die weltgrößten Konzerne Jahr um Jahr nicht nur Nachhal- tigkeitsberichte veröffentlichen, sondern sich auch mit Nach- haltigkeits-Indices wie z.B. den Dow Jones Sustainable Index gegenseitig bescheinigen, wie sehr ihr Geschäftsmodell doch in Ordnung ist. Wirtschaft und Politik: GREEN BRANDS brauchen beides! Von Christine Ax und Dr. Friedrich Hinterberger